Amazon sammelt jede Menge Daten über die Millionen von Kunden. Das ist erstmal kein Geheimnis. Als Verkäufer hast Du über Sellercentral natürlich keinen Zugriff auf die gesamten gesammelten Schätze, aber Du kannst Dir einen sehr guten Überblick über alle Infos rund um Deine Produkte verschaffen.
Seit ich mich das letzte Mal intensiver mit den Berichten aus Sellercentral beschäftigt habe, ist einige Zeit vergangen. Mittlerweile gibt es deutlich mehr Berichte und tiefere Einblicke. Insbesondere, wenn du Markeninhaber bist, kommst du an die wirklich spannenden Insights. Auch bei den Möglichkeiten zur Auswertung dieser Infos hat sich einiges getan seither.
Business Intelligence
Wenn Du mir schon länger folgst, weißt Du, dass ich ein echter Excel Nerd bin. Ich mag Excel immer noch, aber für die Visualisierung von Informationen gibt es deutlich bessere Tools. Mir hat es hier PowerBI angetan. BI steht für Business Intelligence. Und das trifft es natürlich auch auf den Punkt. Du kannst damit Dashboards erstellen, die – im Idealfall – automatisiert Daten aus verschiedenen Quellen abrufen und daraus sprechende Berichte und Visualisierungen zaubern. Ein gut aufgesetztes Dashboard bringt Dir also enorme „Business Intelligence“ und bildet die perfekte Grundlage für Entscheidungen.
Inspiriert von einem Vortrag beim letzten Sellerbarcamp in Stuttgart möchte ich mir nun ein entsprechendes Dashboard erstellen und die gewonnen Erfahrungen daraus mit Dir teilen. Ich bin noch recht frisch bei PowerBI und alles andere als ein Experte. Auch habe ich keinen Plan von der Anbindung per API an Amazon. D.h. aktuell lade ich mir regelmäßig ausgewählte berichte aus Sellercentral, kopiere sie in eine Excel Tabelle, die als Quelle für PowerBI funktioniert. Also eher manuell als automatisiert. Aber die Reise hat auch gerade erst begonnen.
Aber es gibt doch schon solche Tools
Yes. Es gibt Tools für alles. Ein Seller Leben ohne Sellerboard* könnte ich mir z.B. gar nicht vorstellen. Auf Amalyze* war ich leider ewig nicht mehr, weiß aber, dass es ein geniales Tool für Recherchen und Analysen ist.
Mein Ziel ist es auch nicht, ein neues Tool zu bauen und das dann zu vermarkten. Nein, mein Ansatz war schon immer, dass ich Dinge gerne von Grund auf verstehen will. Ich möchte mit den Daten arbeiten, mir selbst überlegen, wie ich sie sinnvoll verknüpfen und strukturieren kann. Das ist viel aufwändiger, als eine vorhandene Lösung zu nehmen, aber mir persönlich hilft es auch viel mehr bei dem nächsten Schritt. Denn eine Analyse ohne eine Konsequenz und entsprechende Handlung ist eben nur interessant.
Aktueller Stand
Genug aber mit der Einleitung. Beginnen wir mit dem Dashboard.
Aktuell experimentiere ich etwas. Was Du im Folgenden deshalb siehst, wir vielleicht in ein paar Tagen nicht mehr im Dashboard vorhanden sein.
Absatz und Rücksendungen
Die erste Seite des Dashboards gibt mir einen schnellen Überblick über die Performance meiner Produkte. Wie viele Einheiten wurden verkauft, wie viele retourniert und warum. Außerdem sehe ich im unteren Bereich Infos aus dem Werbebericht „Beworbenes Produkt“. Spannend wird das Ganze hier vor allem, da ich meine Produkte zu Kategorien und Subkategorien strukturiert habe. Je nachdem, was ich links auswähle, erhalte ich die Visualisierungen für einzelne Produkte oder eben für eine Kategorie oder eine Kombination von verschiedenen Produkten.
Wie Du siehst, bin ich im Hunde Accessoires Bereich unterwegs. Die meisten meiner Produkte haben Namen, da ich sie so einfacher identifizieren kann.
Was bringt mir diese Ansicht?
Ich erkenne mit wenigen Klicks, welche Produkte und Produktgruppen gut laufen und wo ich genauer nachsehen sollte. Im Beispiel oben ist klar zu sehen, dass der Absatz zurückgeht und die Retouren rauf. Keine gute Kombination und ein Grund sich zu diesem Produkt weitere Insights anzusehen.
Auch direkt sichtbar sind mögliche Gründe für die steigenden Rücksendungen. Offenbar waren die Kunden mit der Funktion bzw. dem Design der Leine nicht zufrieden. Diese Info kann ich nun also nutzen, um entweder mein Produkt anzupassen oder besser, die angesprochenen Punkte im Listing besser klarstellen.
Den Grund für den Umsatzrückgang kannst Du hier nicht wirklich erkennen, dazu fehlen noch viele andere Informationen, die ich in der Zukunft in diesem Dashboard sichtbar machen will. Ein guter Startpunkt für die weitere Analyse ist ein Vergleich mit dem Markt. Sind auch dort die Absätze zurückgegangen? Performt nur mein Produkt schlecht, während der Markt gut läuft? Und damit kommen wir zur nächsten Seite des Dashboards.
Deine Marke vs. der Markt
Im Markenbereich in Sellercentral gibt es einen Bericht mit dem sperrigen Namen „Leistung der Suchabfrage“. Der Name ist furchtbar, aber der Bericht ist der Wahnsinn. Leider kommst du nur in den Genuss dieses Berichts, wenn Du Markeninhaber bist oder evtl. entsprechende Markenrechte besitzt.
Du kannst den Bericht auf ASIN Ebene oder für Deine gesamte Marke herunterladen. Bisher habe ich ihn nur für die gesamte Marke geladen. Was Du erhältst ist eine Tabelle mit den relevantesten Suchbegriffen für den Markt, in dem sich deine Marke befindet. Wie genau das Amazon definiert ist mir unklar, aber es passt. Zu jedem Suchbegriff findest du in der Tabelle Infos zu den Impressionen, der CTR, der Warenkörbe und der CV. Jeweils für den Markt und für Deine Marke.
Und das habe ich mir im Dashboard daraus gebaut:
Ganz oben links wähle ich den Suchbegriff aus, der mich interessiert. Da ich den Bericht noch mit meinem Sponsored Products Suchbegriff Bericht verknüpft habe, kann ich in der kleinen Tabelle oben rechts weitere Suchbegriffe sehen, die zu diesem Keyword passen.
In den Diagrammen wird nun folgendes dargestellt:
- Der Verlauf der Impressionen. Hellblau ist immer der Markt. Dunkelblau die Marke. Die Impressionen des gesamten Marktes sind von Januar bis April also von ca. 150T zu 180T gestiegen. Der Markt wächst also, bzw die Saison für Hundeleine beginnt. Meine Marke wurde vor allem im Vergleich von März zu April deutlich häufiger angezeigt. Es war ein Anstieg von 2000 auf 3000 Impressionen, also ein Zuwachs von 50%. Insgesamt ist mein Markenanteil aber nur äußerst gering mit ca. 1,6%. Ich sollte also überlegen, ob mir dieses Keyword als wichtig erscheint und entsprechende Maßnahmen treffen. Eine Erhöhung der Werbeaufwände wäre eine Möglichkeit, um meine Marke zu diesem Keyword häufiger anzeigen zu lassen.
- Vergleich der Click-Through-Rate (CTR). Diese liegt beim Markt im Schnitt bei 2,21%. Bei meiner Marke nur bei 1,65%. Das bedeutet, dass meine Produkte weniger angezeigt und weniger geklickt werden als der Markt. Und auch hier wäre der logische nächste Schritt zu überlegen, was das für mich bedeutet. Was kann ich tun, um die CTR zu erhöhen? Ein A/B Test mit dem Titelbild oder dem Titel wäre eine Möglichkeit. Und nicht vergessen, die Werte in Kombination zu beachten. Stecke ich jetzt mehr Aufwand in Werbung, ohne vorher die CTR zu optimieren, verbrenne ich womöglich Geld.
- Add-to-Cart Rate. Auch hier performt meine Marke leider deutlich schlechter als der Markt. Während sie beim Markt bei über 14% liegt, bin ich lediglich bei unter 9%. Die Schlussfolgerung ist hier, dass das Listing überarbeitet werden sollte. Das hat natürlich sehr viele Variablen, die getestet und beobachtet werden müssen. Es können schlechte Bilder sein, fehlende Informationen, fehlende oder schlechte Bewertungen, der Preis und vieles anderes. Und auch hier ist es wieder so, dass Du lieber erst in ein gutes Angebot investieren solltest, bevor du für mehr Impressionen sorgst.
- Die Conversion Rate (CV). Isoliert betrachtet ist dies wohl die wichtigste Kennzahl, da sie aussagt, wie viele der Besucher deines Listings auch tatsächlich gekauft haben. Wie du im Diagramm sehen kannst, lag sie im Januar und Februar bei 0 bei meiner Marke. Also keine Verkäufe über dieses Keyword. Der Markt im Vergleich lag bei leicht über 3% und im gesamten Durchschnitt von Januar bis April bei 2,97%. Im März war meine Marke tatsächlich leicht besser als der Markt. Ähnlich wie bei der Add-to-Cart Rate, kannst du auch die CV durch eine Optimierung deines Listings erreichen.
Meiner Meinung nach, ist dieser Bericht aus Sellercentral Gold wert. Der Vergleich mit dem Markt, gibt eine sehr gute Orientierung dafür, wo du noch mehr Energie reinstecken solltest, um letztlich mehr Umsatz zu machen. Bist du in jedem Bereich bereits besser als der Markt, ist hier wahrscheinlich nicht mehr so viel Steigerung rauszuholen. Umgekehrt, so im Beispiel oben, habe ich einen recht klaren Fahrplan, wo ich ansetzen muss, um für das gewählte Keyword mehr Umsatz zu erreichen.
So geht es weiter
Mehr ist bisher nicht vorhanden im Dashboard. Ich werde es selbst nutzen, um meine Produkte datengetrieben zu optimieren und darüber berichten. Und selbstverständlich will ich das Dashboard weiter ausbauen. Was dabei genau einfließt wird sich zeigen. Berichte gibt es noch unzählige weitere.
Falls Du das liest und konkrete Ideen hast, was noch fehlt, schreibe es gerne in die Kommentare.
Hey Daniel, spannender Post, habe noch nie von dem Tool gehört. Kannst du ein bisschen darauf eingehen und welches Abo-Modell du aktuell nutzt?
Grüße,
Stefan