Mit das Schlimmste, was Dir als Amazon Seller passieren kann, ist, dass Dein Seller Account gesperrt wird. Vieles hängt von diesem Account ab – nicht selten sogar die ganze berufliche Existenz.
Dabei ist das keine Seltenheit. Laut eines Fallberichts des Bundeskartellamts wurden allein im Jahr 2018 mehr als 250.000 Verkäuferkonten dauerhaft und mehr als 30.000 Verkäuferkonten temporär gesperrt.
Diese Zahlen sind durchaus alarmierend. Wenn Du in dieser Situation jedoch richtig handelst, hast Du gute Chancen, Deinen Account schnell wieder freizuschalten und den wirtschaftlichen Schaden dadurch noch recht überschaubar zu halten.
In diesem Beitrag geht es darum, wie Du Dich am besten bei einer Amazon Kontosperrung verhältst, damit die Sperre möglichst schnell wieder aufgehoben wird und wie Du das Risiko einer erneuten Accountsperrung erheblich reduzieren kannst.
Was tun bei einer Amazon Kontosperrung?
Selbstverständlich ist die oberste Priorität eines Amazon Sellers, dem der Account dicht gemacht wurde, möglichst schnell wieder verkaufen zu können. Du musst also umgehend dafür sorgen, dass Dein Account wieder freigeschaltet wird.
Schritt 1: Ruhe bewahren!
Wichtig ist es an allererster Stelle Ruhe zu bewahren. Dieser Rat mag zwar in Anbetracht der Situation lächerlich klingen – Ruhe bewahren, wenn sich die Panik um die eigene berufliche Zukunft breit macht.
Allerdings solltest Du Dir bewusst machen, dass Panik ganz und gar nicht weiterhilft und eher daran hindert, klar zu denken. Bist Du hingegen in der Lage, strukturiert und besonnen vorzugehen, wirst Du Deinen Account wesentlich schneller wieder zum Laufen bekommen und wieder verkaufen können.
Schritt 2: Amazon kontaktieren!
Sobald der erste Schock verarbeitet ist, solltest Du Dich mit Amazon in Verbindung setzen – sonst passiert nämlich gar nichts. Amazon erwartet, dass betroffene Seller selbst die Initiative ergreifen und sich melden. Der richtige Ansprechpartner ist hier die Performance Abteilung.
Wenn Du keine Zeit verlieren möchtest und bereit bist, etwas Geld in die Hand zu nehmen, kannst Du an dieser Stelle bereits einen Anwalt um Hilfe bitten. Denn häufig ist auf diese Art und Weise eine wesentlich schnellere und auch effizientere Kommunikation mit Amazon möglich.
Aber natürlich kannst Du auch selbst Amazon kontaktieren. In Deiner Nachricht solltest Du genau schildern, was passiert ist und um Freischaltung des Accounts bitten. Dabei solltest Du selbstverständlich sachlich und höflich bleiben. Es hilft rein gar nichts, Deine Wut und Verzweiflung an den Mitarbeitern von Amazon auszulassen. Denn die Mitarbeiter, die täglich mehrere Anfragen dieser Art zu bearbeiten haben, sind in der Regel wenig am Einzelschicksal eines Verkäufers interessiert, sondern wollen nur Fakten hören.
Vielleicht ist es beim Schreiben der Nachricht hilfreich, sich in die Lage eines Amazon Mitarbeiters zu versetzen, der die Nachricht zu bearbeiten hat. So fällt es Dir wesentlich leichter, die passenden Formulierungen zu finden und Du merkst recht schnell, was Amazon wohl von Dir hören möchte.
Schritt 3: Maßnahmenplan erstellen!
Üblicherweise erhältst Du im Anschluss daran von Amazon die Aufforderung, einen Maßnahmenplan vorzulegen. Dabei handelt es sich um ein Dokument, welches Amazon detailliert Auskunft über den Vorfall und die geplanten Änderungen zur Vermeidung weiterer Probleme geben soll und auf dessen Grundlage Amazon dann über die Freischaltung des Accounts entscheidet. Man sollte deshalb seine Bedeutung nicht unterschätzen und sich bei der Erstellung des Amazon Maßnahmenplans viel Mühe geben!
Im Wesentlichen sollte der Maßnahmenplan folgende drei Fragen beantworten:
- Was hat zu dem Problem geführt?
- Welche Maßnahmen werden ergriffen, um das Problem zu beheben?
- Welche Maßnahmen werden zur Vermeidung künftiger Probleme ergriffen?
Amazon sieht es gerne, wenn Du Dich dabei möglichst deutlich und präzise ausdrückst. Zudem solltest Du eine Erklärung für jedes Problem angeben und gegebenenfalls Nachweise für alle Punkte hinzufügen. Bestenfalls werden auch wichtige Bereiche in den Nachweisdokumenten mit einem Textmarker hervorgehoben. Dies sorgt dafür, dass die Vorgänge für den Mitarbeiter, der das Anliegen zu bearbeiten hat, leichter nachvollziehbar sind.
Schritt 4: Abwarten!
Bis Amazon über die Reaktivierung des Accounts entschieden hat, kann es etwas dauern. In dieser Zeit bleibt Dir nichts anderes als zu hoffen, dass die Entscheidung von Amazon positiv ausfällt und Dein Account wieder freigeschaltet wird.
Schritt 5: Zweiten Maßnahmenplan einreichen oder Anwalt einschalten!
Sollte Amazon den Maßnahmenplan ablehnen, bedeutet das immer noch nicht zwangsläufig das Ende. Du hast jetzt die Möglichkeit, eine überarbeitete Version des Maßnahmenplans einzureichen. Häufig gibt Amazon auch Anhaltspunkte dafür, welche Informationen noch gefehlt haben.
Spätestens an dieser Stelle kann es jedoch auch sinnvoll sein, einen Anwalt einzuschalten, der sich gut mit dem Thema auskennt, damit nicht noch mehr wertvolle Zeit verstreicht. Leider kommt häufig erst dadurch Bewegung in die Sache.
Wie kann man eine erneute Kontosperrung vermeiden?
Fehler passieren und das ist auch okay. Aber ein zweites Mal sollte Dir derselbe Fehler nicht mehr passieren. Um zumindest das Risiko für eine erneute Accountsperrung erheblich zu minimieren, kann es hilfreich sein, die gängigsten Gründe für die Sperrung von Seller Accounts zu kennen und die zugrunde liegenden Fehler zu vermeiden.
Hintergründe verstehen: Weshalb sperrt Amazon Accounts?
Amazon sperrt Seller Konten im Wesentlichen aus zwei Gründen: Qualitätssicherung und Selbstschutz.
Amazon möchte die höchste Kundenzufriedenheit auf dem Markt bieten. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, muss das Unternehmen weiter gehen, als seine Konkurrenz. Bereits kleinste Störfaktoren müssen beseitigt werden, damit die Kundenzufriedenheit nicht leidet – und dafür ist die Sperrung des Accounts ein probates Mittel.
Darüber hinaus möchte Amazon verhindern, selbst haftbar gemacht zu werden. Denn als Plattformbetreiber kann Amazon unter gewissen Umständen auch für die Rechtsverletzungen Dritter in Anspruch genommen werden. Sobald das Unternehmen also Kenntnis von einer Rechtsverletzung eines Sellers erlangt, schreitet es ein und deaktiviert entweder das Angebot oder je nach Schwere der Rechtsverletzung auch gleich das ganze Konto.
Was sind häufige Gründe für eine Kontosperrung?
Es gibt unzählige Gründe, die immer wieder zur Sperrung von Verkäufer Accounts führen. Bei der folgenden Aufzählung handelt es sich also nur um eine nicht abschließende Liste an Beispielen:
Rechtsverstöße
Einer der häufigsten Gründe für die Sperrung von Verkäufer Konten sind Rechtsverstöße, insbesondere auf dem Gebiet des geistigen Eigentums. Hier kennt Amazon keine Gnade. Wenn Beschwerden über das Formular eingehen, welches Amazon hierfür bereitstellt, kommt es nicht selten auch schon während der Überprüfungsphase zu einer Sperrung des gesamten Accounts.
Problematisch ist hier, dass diese Funktion unter Mitbewerbern auch immer wieder missbraucht wird. Dieses Problem ist Amazon allerdings bekannt, weshalb mittlerweile die Mitteilung einer Rechtsverletzung nur noch unter gewissen Voraussetzungen möglich ist – quasi als Schutzmechanismus vor falschen Meldungen. Sollte es dennoch zu einer unbegründeten Sperrung des Accounts kommen, hat man hier sehr gute Chancen, seinen Account schnell wieder freizuschalten.
Nutzung von zwei Amazon Accounts
Zudem werden regelmäßig Accounts gesperrt, weil Seller zwei Accounts parallel betreiben. Nach den Richtlinien von Amazon ist es verboten, mehr als nur einen Verkäufer Account zu haben. Vorsicht: Wenn im gleichen Haushalt zwei Konten vorhanden sind, auch wenn sie nicht über denselben Namen laufen, kann es auch hier durchaus vorkommen, dass Amazon die Konten sperrt!
Schlechte Verkäuferleistung
Ein weiterer Grund, der häufig ganz automatisch und ohne jegliche Androhung zur Sperrung von Verkäuferkonten führt, ist eine schlechte Verkäuferleistung. Eine solche entsteht, wenn die vertraglichen Leistungsziele von Seiten des Verkäufers nicht eingehalten werden. Dazu gehören
- Rate an Bestellmängeln – Ab einem Wert von 1% wird es problematisch!
- Stornorate – Hier sollte ein Wert unter 2,5 % eingehalten werden!
- Rate verspäteter Lieferungen (nur für diejenigen Seller relevant, die nicht FBA nutzen) – Der Grenzwert ist hier 4 %!
Dabei handelt es sich um Werte, die recht einfach im Seller Central überprüft werden können. Wenn man an ein kritisches Level stößt, sollte man unbedingt sofort gegensteuern und die Verkäuferleistung optimieren, um nicht eine Kontosperrung zu riskieren.
Unzulässige oder schlechte Bewertungen
Außerdem spielen auch immer wieder Bewertungen eine Rolle bei der Sperrung von Verkäufer Konten. Besonders gefährlich wird es, wenn Amazon von unzulässigen Produktrezensionen erfährt. Nicht erlaubt ist es nach der Liste von Amazon für unzulässige Produktrezensionen z.B.
- Familienmitglieder oder Mitarbeiter eine Rezension schreiben zu lassen
- eine Gegenleistung für eine Rezension zur Produktverpackung hinzuzufügen oder
- eine Erstattung für das Ändern oder Löschen einer Rezension anzubieten.
Aber auch viele schlechte Bewertungen können ein Grund für die Sperrung des Accounts sein.
Fazit zur Kontosperrung auf Amazon
Wenn Dein Amazon Seller Account gesperrt wurde, solltest Du unbedingt schnell und zielgerichtet auf die Sperrung reagieren. Eine schnelle Kontaktaufnahme mit Amazon und ein freundlicher Ton sind hier anzuraten. Sollte trotz aller Bemühungen keine Reaktivierung Deines Kontos erfolgen, kann häufig ein spezialisierter Anwalt helfen, das Anliegen voranzubringen.
Für die Zukunft kann jedem Seller nur geraten sein, die gängigen Gründe für Kontosperrungen zu kennen, um das Risiko einer erneuten Kontosperrung zu minimieren. Wer sich im Rahmen der Vorgaben von Amazon bewegt, hat hingegen wenig zu befürchten.
Autor
Dies ist ein Gastbeitrag von KEYTERSBERG Rechtsanwaltskanzlei. KEYTERSBERG Rechtsanwaltskanzlei ist spezialisiert auf digitale Geschäftsmodelle. Sie berät Amazon Verkäufer dabei, wie sie ihre Risiken minimieren können und hilft im Falle einer Kontosperrung.