Controlling Tools
In einem sind wir uns – hoffentlich – alle einig. Kein FBA Business ohne ein solides Controlling. An verschiedenen Stellen habe ich bereits erklärt, wie Du Dein Business monatlich manuell Monitoren kannst, wie Du dazu die richtigen Berichte aus Sellercentral ziehst und Du anhand der Ergebnisse geeignete Schlüsse und Maßnahmen ableitest. Insbesondere die Analyse erkläre ich im passenden Videokurs dazu.
Persönlich bin ich aber ein großer Freund von Automatisierung. Deshalb wirst Du nicht verwundert sein, dass ich die Zahlen für mein Controlling bzw. meine Analysen nicht mehr manuell abrufe, sondern ein Controlling Tool dazu verwende. Derzeit ist das Sellerboard, das ich seit bereits seit der Geburtsstunde begleite. Ich hatte damals auch darüber berichtet.
Bisher gab es kein vergleichbares Controlling Tool auf dem Markt, so dass ein Vergleich mit Alternativen nicht möglich oder einfach überflüssig war. Jetzt – Stand Mitte September 2018 – meldet sich ShopDoc mit einem Controlling-Modul, das sehr vielversprechend aussieht. Da Controlling nach wie vor mein Steckenpferd ist, will ich es mir nicht nehmen lassen, einmal genauer hinzuschauen und die beiden Tools zu vergleichen.
Disclaimer – kein Gewinner
Ich werde bewusst kein Fazit ziehen oder einen Gewinner ernennen. Vielmehr geht es mir um das Herausarbeiten der Unterschiede. Welches Controlling Tool Dir nachher besser gefällt, musst Du selbst entscheiden.
Diese Themen nehme ich unter die Lupe
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Funktionsübersicht
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Datenherkunft
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Usability
1) Funktionsübersicht
Auf den ersten Blick sehen beide Tools so aus, als können sie das Gleiche: Sie zeigen eine Ergebnisrechnung Deiner Produkte und Du kannst jeweils den Zeitraum dazu auswählen. Aber ganz so einfach ist es nicht. Beide Tool können weit mehr als das. Was die genauen Funktionen sind und welches Tool sie beherrscht, ist der erste Teil meines Vergleiches.
Ergebnisrechnung
Das ist in meinen Augen der Kern eines jeden Controlling Tools. Mit der Ergebnisrechnung kannst Du Entscheidungen über die Steuerung Deines Unternehmens treffen. Welches Produkt ist rentabel, welches nicht? Wo kommen die meisten Kosten her, wo der meiste Umsatz usw.
Schauen wir aber mal genauer hin:
Das Controlling Tool Sellerboard bietet ein durchdachtes Dashboard, das beim Aufruf der Anwendung 5 Kacheln zeigt, die jeweils alle Produkte und alle Marktplätze für die Zeiträume „Heute“, „Gestern“, „Aktueller Monat“, „Aktueller Monat (Prognose)“ und „Letzter Monat“ enthalten. Und damit haben wir auch den ersten Unterschied zu ShopDoc: Nur bei Sellerboard werden die Zahlen des aktuellen Tages gelesen. Ebenfalls nur bei Sellerboard gibt es eine Umsatzprognose des laufenden Monats. Es gibt noch weitere vordefinierte Zeiträume, die Du bei Sellerboard auswählen kannst. Beide Tools lassen natürlich auch einen eigen-definierten Zeitraum zu. Bei ShopDoc sind immer 3 Kacheln zu sehen, wobei die erste Kachel anpassbar ist durch einfaches Anklicken eines anderen Zeitraumes. Die beiden anderen Kacheln zeigen immer den aktuellen Monat und den Vormonat an.
Neben dem Zeitraum können bei beiden Tools noch der Marktplatz ausgewählt werden. Auszahlbar sind hier die europäischen Amazon Marktplätze. Bei ShopDoc gibt es noch die Auswahl „Andere“. Leider habe ich bisher nicht herausgefunden, was sich dahinter verbirgt. Sellerboard ist auch für andere Amazon-Marktplätze nutzbar, die ich allerdings nicht nutze und somit auch keine Aussage darüber treffen kann. Keines der beiden Tools lässt eine Mehrfachselektion der Marktplätze zu. Entweder alle oder einzelne sind möglich.
Bei der Produktauswahl hingegen kannst Du bei Sellerboard auch eine Mehrfachauswahl treffen und Dir somit ein Bild über Produktgruppen machen. Bei ShopDoc fehlt eine Produktauswahl leider gänzlich. Um hier eine Ergebnisrechnung eines einzelnen Produktes sehen zu können, musst Du zunächst nach unten scrollen und ein Produkt aus der Detailliste anklicken. Daraufhin erhältst Du eine Ergebnisrechnung des Produktes über den gewählten Zeitraum. Sehr schön finde ich hier die geographische Darstellung der Bestellungen. In einer Europakarte ist die Verteilung dieser gut zu erkennen. Neben der Karte werden auch Statistiken angezeigt, wie „Prime/nicht Prime“, „PPC/Organische Sales“, „Kaufabbrüche/Retouren/Rabatte“ usw.
Scrollst Du dann noch weiter hinunter, siehst Du eine komplette Liste aller Bestellungen dieses Produktes im gewählten Zeitraum. Alle Daten lassen sich von hier auch einfach per CSV oder XLS Datei herunterladen. Details zu den einzelnen Produkten im gewählten Zeitraum zeigt auch Sellerboard, allerdings nicht auf Bestellungs-Ebene. Um diese Details zu sehen, kannst Du über die Exportfunktion bei Sellerboard alle Bestellungen herunterladen.
Wenn wir nochmal auf das Dashboard von Sellerboard schauen, können wir erkennen, dass neben den erwähnten Kacheln auch weitere Darstellungen der Ergebnisse auswählbar sind. Zum einen gibt es die Ansicht „Grafik“ und zum anderen die Ansicht „GuV“. Klickst Du auf Grafik, kannst Du Dir Deine Zahlen in Liniendiagrammen ausgeben lassen. Dabei kannst Du wieder auswählen zwischen vordefinierten Analysen, wie beispielsweise der Kontoübersicht, der Verkaufsanalyse oder der Retourenanalyse:
Du kannst aber auch eigene Auswertungen erstellen, indem Du die entsprechenden Positionen selektierst.
ShopDoc zeigt auch eine Grafik (Kuchendiagramm) zur Ergebnisrechnung. Diese kann allerdings nicht angepasst werden.
Die genannte Ansicht „GuV“ bei Sellerboard führt zu einer Übersicht der Ergebnisrechnung in Tabellenform über die letzten 12 Monate. Dies ist perfekt geeignet, wenn Du die Daten z.B. in Excel weiterbearbeiten willst oder den Verlauf einzelner Positionen analysieren möchtest.
Vergleich der GuV Struktur
Ergebnisrechnung = Ergebnisrechnung? Nein, das wäre zu einfach. Zwar gibt es einen generellen Aufbau, wie sowas aussehen sollte, aber im Detail sind dann doch Abweichungen möglich. So auch im Vergleich von Sellerboard und ShopDoc. Zum einen ist die Reihenfolge der Positionen unterschiedlich gewählt, zum anderen hat Sellerboard einen deutlich höheren Detaillierungsgrad einzelner Positionen im Petto.
Du siehst hier übrigens identische Selektionen, d.h. Produkt, Zeitraum und Marktplatz sind jeweils gleich. Warum die Zahlen trotzdem unterschiedlich sind, erkläre ich im Abschnitt Datenherkunft. Hier geht es erstmal nur um den Aufbau.
Was ich bei beiden Darstellungen vermisse ist die klare Trennung zwischen variablen und fixen Kosten und somit eine Berechnung des DB1 und DB2. Sellerboard behandelt PPC Kosten als variable Kosten. Nach meinem Verständnis sind das aber Fixkosten. Andere Fixkosten (hier „Ausgaben“) werden aber korrekterweise nach den DB1 (hier „Deckungsbeitrag“) eingeordnet. ShopDoc verzichtet komplett auf diese Struktur und hat somit alle Kosten in der berechneten Marge.
Ein weiterer Knackpunkt ist die Berechnung der Umsatzsteuer. Soweit mein Steuerverständnis reicht, wäre folgende Berechnung die Basis für die anzusetzende Umsatzsteuer:
Umsätze inkl. Versandkosten – Rücksendungen – Rabatte
Egal, bei welchem Tool ich das nachrechne, erhalte ich einen abweichenden Wert – einmal weicht der Wert um ca. 60 Cent ab, das andere Mal um ca. 10 Euro
Sellerboard zeigt Dir alle Details zu den Erstattungskosten. Das finde ich besonders wichtig, da – zumindest bei mir – die Retouren eines meiner Produkte leider eine große Kostenposition darstellt. Wie diese Kosten Deine Marge fressen habe ich übrigens vor einiger Zeit beschrieben. Mir ist nicht klar geworden, wie ShopDoc die Retouren berechnet.
Angaben zu „FBA Disposal Fee“ und „FBA Storage Fee“ konnte ich nur Sellerboard finden. Die Lagergebühr würde ich übrigens streng genommen auch zu den Fixkosten zählen 🙂
Produktkosten
Dies ist ein sehr wichtiger Punkt. Die Produktkosten sind vermutlich bei den meisten Händlern die größten Kostenpositionen. In beiden Tools können pro ASIN und Land Materialpreise hinterlegt werden. Leider ist bei ShopDoc aber keine zeitliche Unterscheidung möglich. D.h. ein eingegebener Materialpreis für eine ASIN ist automatisch für alle Perioden gültig. In der Realität ist das aber nur selten zutreffend. Tatsächlich variiert der Materialpreis von Bestellung zu Bestellung, weil der Wechselkurs schwankt, der Produzent den Preis angepasst hat oder die Lieferung teurer geworden ist. Bei Sellerboard kannst Du all das in Deinen Produktpreisen abbilden. Du gibst immer den jeweils gültigen Preis ein und Sellerboard berechnet daraus den neuen gültigen Preis. Oder – so mache ich das – Du berechnest selbst den gültigen Mischpreis und schreibst diesen direkt ins Tool.
Je nachdem, welchen Zeitraum Du später auswertest, wird ein anderer gültiger Produktpreis in der Ergebnisrechnung angezeigt.
Fixkosten
In beiden Tools kannst Du Fixkosten manuell erfassen. Die Art und Weise, wie das gemacht wird unterscheidet sich leicht. Mit beiden Varianten kann man aber gut arbeiten und sowohl Einmalkosten, als auch monatlich wiederkehrende Kosten erfassen. Die Fixkosten können bei Bedarf auch einer ASIN zugeordnet werden. Zusätzlich ist es bei ShopDoc noch möglich, einen Kostensatz für jede Bestellung zu hinterlegen – eine Funktion, die ich als sehr praktisch erachte.
Bestandsplanung
Beide Tools bieten Unterstützung bei der Bestandsplanung. Da das für mich kein Controlling-Thema ist, lasse ich eine weitere Analyse der Funktion aus.
Cashflow
Diese Funktion bietet derzeit nur Sellerboard, und auch dort befindet sich das Feature in der Beta-Phase. Sicher ein sehr spannendes Thema, allerdings habe ich damit bisher nicht gearbeitet und warte zunächst noch etwas, bevor ich darüber schreibe. Ein genauerer Blick lohnt aber sicher!
Weitere Funktionen
ShopDoc hat den Anspruch, alle Funktionen zu bieten, die ein Amazon Seller benötigt. Das Controlling-Modul ist somit nur ein kleiner Teil eines riesigen Repertoires an Werkzeugen. Alle anderen Werkzeuge sind entsprechend nicht relevant für Controlling und werden in diesem Beitrag somit nicht behandelt.
Das gleiche gilt für verschiedene andere Funktionen von Sellerboard, die nicht relevant für Controlling sind.
2) Datenherkunft
Klar, alle Daten kommen aus Sellercentral. Und trotzdem gibt es Unterschiede bei beiden Tools und auch zu Sellercentral, obwohl überall die gleiche Auswahl getroffen wird. Warum das so ist und wer wie damit umgeht, ist Punkt zwei meiner Analyse. Teilweise muss ich hier allerdings Vermutungen anstellen.
Klar ist für mich, dass beide Tools nicht den Transaktionsbericht, sondern die Bestellungen als Basis nutzen. Das macht auch absolut Sinn, da im Transaktionsbericht der Umsatz immer zum Datum der Gutschrift auf Deinem Verrechnungskonto vermerkt ist. D.h. an Wochenenden und Feiertagen würdest Du niemals einen Umsatz finden.
Zu den Daten aus dem Bestellbericht werden dann alle anderen Informationen hinzugespielt (gematched), d.h. die Gebühren, Rücksendungen, Lagerkosten usw. Wie das genau gemacht wird, kann ich leider nicht komplett nachvollziehen.
Doch bereits bei der Basis gehen die Tools unterschiedlich vor. Folgenden Unterschied konnte ich beim Umsatz und Absatz identifizieren:
ShopDoc weist den Umsatz aus, der auch in Sellercentral im Kennzahlenmonitor zu sehen ist:
Sellercentral (Oktober, amazon.de):
ShopDoc (Oktober, amazon.de):
Sellerboard dagegen zählt zum Umsatz auch noch die Versandkosten und die Gebühren für den Geschenkservice hinzu:
Auch diese Daten finde ich in Sellercentral wieder, nämlich dann, wenn ich mir den Bestellbericht herunterlade und dort die Summe für Amazon.de bilde:
Soweit so gut… Du solltest den Unterschied kennen und entsprechend damit umgehen. Steuerlich ist der Umsatz inklusive der Versandkosten relevant, für Dich persönlich ist es vermutlich interessanter zu wissen, wieviel Umsatz Deine Produkte ohne Versand gemacht haben.
Ich habe nun mehrere Stunden in die Analyse der weiteren Kostenblöcke gesteckt, kann aber leider nicht exakt erklären, warum ich unterschiedliche Zahlen in beiden Tools angezeigt bekomme. Offensichtlich werden hier abweichende Methoden beim Hinzuspielen der Kosten verwendet.
Ein Beispiel: In beiden Tools und in Sellercentral sehe ich, dass im Oktober 297 Einheiten verkauft wurden. Sellerboard zeigt mir dazu FBA Gebühren über 821,76€ an, ShopDoc dagegen 816,60€. Wenn ich auf Basis der Bestellliste alle FBA Gebühren manuell in Excel Hinzuspiele komme ich ebenfalls auf 821,76€
Ein weiteres Beispiel: Die Verkaufsprovision weist mir ShopDoc mit 602,86€ aus, Sellerboard mit 604,36€. Beim selbst Nachrechnen komme ich entweder auf 604,22€ oder auf 602,07€, je nachdem ob ich Versandrabatte (ship-promotion-discount) von Amazon mit einbeziehe oder nicht. Was nun der korrekte Wert ist und woher die Abweichungen kommen… Ich kann es mir nur mit Rundungsdifferenzen erklären.
Und so zieht sich das weiter durch die anderen Gebühren. Ich will gar nicht sagen, dass das eine falsch oder richtig ist, aber die Basis scheint manchmal eine andere zu sein.
Vielleicht können sie Toolbetreiber etwas mehr Transparenz in das Thema bringen? Ich würde an dieser Stelle dann entsprechend ein Update einschieben.
3) Usability
Controlling hat sowieso nicht den Ruf, besonders beliebt zu sein. Gerade deshalb sollte bei einem Tool darauf geachtet werden, dass es einfach und unmissverständlich zu bedienen ist. Die Unterschiede in dieser Hinsicht erkläre ich als Drittes und letztes.
Meines Erachtens benötigen beide Tools etwas Einarbeitungszeit. ShopDoc hat den Vorteil, dass es neben dem Controlling-Modul noch zahlreiche andere Module hat, die eine identische Bedienung besitzen. Wenn Du das eine Tool navigieren kannst, kannst Du somit auch das andere navigieren.
Es gibt viele shortcuts, die ein schnelles Navigieren zwischen verschiedenen Perioden und Produkten erleichtern. Ebenso ist z.B. der Download der Daten mit einem Klick durchführbar.
Sellerboard wiederum hat seine Stärke vor allem in der Tiefe der Daten. Da es ein reines Controlling-Tool ist, ist es recht komplex aufgebaut. Das ist gut für alle, die sich mit den Zahlen weiter beschäftigen wollen, macht es aber evtl. schwieriger für diejenigen, die nur mal schnell ihr Ergebnis sehen wollen.
Zugang
Du willst Dir ein eigenes Bild verschaffen?
Hier findest Du nochmals die Links zu beiden Tools:
Sellerboard –> Mit diesem Link kannst Du Sellerboard 2 Monate kostenfrei testen (statt normalerweise 1 Monat)
ShopDoc –> Hier kannst Du Dir einen Zugang zum gesamten ShopDoc Paket holen.
Cool das du wieder einen extrem gut recherchierten Beitrag raushaust. Was man vielleicht auch noch erwähnen kann ist, dass man auf sellerboard ein live Demo (ohne Anmeldung) durchklicken kann. Ebenso kann man mit einer Registrierung (ohne Zahlung) die shopdoc Toolsuite in verringertem Umfang nutzen.
mfg Michael
Ich habe mir beide Tools angeschaut und bin der Meinung, dass jeder für sich selbst entscheiden muss, welches Tool besser in sein Business passt. Ich nutze beide Tools, wobei ich Sellerboard fürs Controlling bevorzuge.